Ein Buch für die erste Periode? Ja, das gibt es tatsächlich! Antje hat mit dem Buch Happy Period ein inneres Bedürfnis der Aufklärung über die Periode erfüllt. Nun erzählt sie uns von den Anfängen des Periodenbuchs, ihren Intentionen und warum die Auseinandersetzung mit und die Aufklärung über die Menstruation so wichtig ist:
Stelle dich kurz unseren Leser:innen vor!
Mein Name ist Antje. Ich habe einen M.Sc. in Architektur und drei Jahre Arbeitserfahrung in verschiedenen Architekturbüros, bis ich vor fünf Jahren mein Leben radikal verändert habe. Ich habe zu der Zeit sehr unter der stressigen Arbeitswelt voller Deadlines, wenig Verbundenheit und dadurch irren Zyklusbeschwerden gelitten. Heute ist mir klar, ich habe damals versucht wie ein „Mann“ zu sein. Eine Tantramassage hat mich dann in die Tiefen meines Körpers geführt und mir war in dem Moment klar, ich möchte genau das lernen und weitergeben. Wertschätzung und Verbundenheit mit mir selbst wurden zu meinem Kompass und so folge ich seitdem dem Ruf meines Herzens. Heute bin ich selbstständige Körpertherapeutin und auf die Schossraumarbeit mit Frauen spezialisiert. Ich arbeite in 1:1 Sessions und gebe Online-Workshops wie zum Beispiel Yoni Mapping.
Wie bist du auf die Idee zu dem Buch für die erste Periode gekommen?
Die Idee zum erste Periode-Buch kam zu mir im September 2019 auf der Insel Koh Phangan in Thailand. Ich habe zu der Zeit viel meditiert, mein Kopf war wunderbar leer und lief auf Empfangsmodus. Immer wieder habe ich bei den Meditationen gefragt: „Was ist meine Aufgabe?“ Eines Morgens beim Zähneputzen kam eine tiefe männliche Stimme durch mich und sagte ziemlich eindrücklich: „Schreibe ein Buch für Mädchen, die zum ersten Mal ihre Periode bekommen.“ Ich habe das erstmal nicht ernst genommen, aber in mir war wie ein Feuer, dass nicht weggegangen ist, bevor ich eine erste Struktur des Buchs aufgeschrieben hatte. Mir wurde klar, alles Wissen dafür war schon da.
In den letzten fünf Jahren habe ich meinen Zyklus immer mehr verstanden und schätzen gelernt und mein Tun und Nichtstun als Selbstständige auf meinen Zyklus ausgerichtet. So sind die schlimmen Periodenschmerzen zum Beispiel verschwunden. Durch die Schossraumarbeit mit Frauen war ich sensibilisiert für den Fakt, dass Menschen mit Yonis leider sehr oft von ihrem Körper und ihrem sexuellen Empfinden abgeschnitten sind.
In mir ist der Wunsch, dass wir von klein auf jungen Menstruierenden all dieses Wissen auf liebevolle Art und Weise vermitteln. Wie wäre diese Welt, wenn jungen Menstruierenden von Anfang an eine positive Beziehung zu ihrer Periode und ihrem Körper aufbauen? Von dieser Vision ist mein Buchprojekt Happy Period getragen.
Wie war dein Weg von der Idee bis hin zum fertigen Buch? Wo stehst du gerade?
Nach zwei Jahren schwanger sein mit dem Buch für die erste Periode ist es jetzt ganz frisch im Selbstverlag rausgekommen! Yay!! Die Idee hat damals so sehr in mir gebrannt, ich wusste erstmal gar nicht wohin damit. Und so habe ich gegoogelt: „Wie schreibe ich ein Buch?“. Das war super hilfreich und so habe ich mir einen Verpflichtungsbrief geschrieben.
Das Besondere am Projekt ist wohl, dass es sich von Anfang an geführt angefühlt hat. Es wollte auf die Welt kommen. Im kreativen Prozess habe ich immer wieder in Meditationen Fragen gestellt, z.B. zum Coverbild und zum Titel, und dann Antworten bekommen. Menschen, die mich motiviert haben, sind immer dann in meinem Leben aufgetaucht, als ich aufgeben wollte.
Meine Arbeitserfahrung als Architektin hat mir die nötigen Fähigkeiten wie Disziplin gegeben, aber auch wie ich die Inhalte strukturiere und so einfach wie möglich darstelle. Als ich mich entschieden habe, das Buch selber zu illustrieren, fühlte es sich so an, als wäre ein lange verstummter Teil in mir zurückgekommen. Ich habe wieder mit dem Malen angefangen. Es war insgesamt ein fantastischer, kreativer Prozess mit der richtigen Balance aus Selbstdisziplin und „sich geleitet fühlen“.
Was war dein schönster Moment während des erste Periode-Projekts Happy Period?
Der Schönste Moment war der, als ich den ersten Karton der Bücherlieferung geöffnet habe und meinem besten Freund um den Hals gefallen bin vor lauter Aufregung. Zu begreifen, dass sich die Idee plötzlich materialisiert hat. Wie ein richtiges Baby. Das alles ist nur möglich durch die große Unterstützung von so vielen Menschen beim Happy Period-Crowdfunding auf Startnext im Sommer. Nach drei Wochen der Kampagne hatte ich genug Geld zusammen, um eine erste Auflage von 750 Exemplaren drucken zu lassen. Yeah!! Zu sehen, wie viele Menschen sich eine liebevolle Aufklärung für junge Menstruierende wünschen und dies umzusetzen ist unglaublich toll!
Was ist dein Wunsch für das Periodenbuch?
Ich wünsche mir, dass Happy Period in viele Sprachen übersetzt wird und so viele junge Menstruierende erreicht, wie möglich. Außerdem möchte ich, dass das Buch dabei hilft, die immer noch negativen Gefühle, die in unserer Gesellschaft mit dieser Zeit assoziiert sind, zu transformieren. Das Buch kann ein wunderschönes Geschenk von Eltern an ihre Kindern sein, um mit ihnen zusammen durch die aufregende Zeit der Pubertät zu gehen. Ich kriege aber auch immer mehr herzerwärmende Nachrichten von Menstruierenden im unterschiedlichsten Alter, die mit dem Lesen von Happy Period nochmal bewusst ihre eigene Initiierung ins zyklische Leben positiv aufgeladen haben. So steht es auch in der Widmung: „Für alle Mädchen* und die, die es mal waren.“
Warum ist eine positive Aufklärung so wichtig?
Ich bin davon überzeugt, dass sich alle Erfahrungen und Glaubenssätze in unseren Körperzellen speichern. Wie wir unsere erste Periode erleben zum Beispiel, wirkt sich ein Leben lang zum Teil unbewusst auf uns und alle um uns herum aus. Wenn ich zum Beispiel als junge menstruierende Person Liebe, Unterstützung und Selbstbewusstsein in dieser Phase erfahre, werde ich das Menstruieren als etwas positives wahrnehmen und mir über meinen Selbstwert bewusst sein. Als Teenager habe ich selbst vor allem Angst eingetrichtert bekommen, jetzt bloß nicht schwanger zu werden und hatte schon früh den Gedanken, dass eine Frau zu sein in dieser Gesellschaft irgendwie ätzend und ungerecht ist. Hätte ich von Anfang an mein zyklisches Dasein und die Qualitäten davon verstanden, wären sicher ein paar Dinge in meinem Leben anders gelaufen.
Was findest du besonders spannend bei der Auseinandersetzung mit der Menstruation?
Zu verstehen, dass die Menstruation nur ein Teil des menstruellen Zyklus ist. Es ist so ein Augenöffner zu begreifen, dass Menstruierende zyklische Wesen sind und diese Gesellschaft auf einem linearen System aufbaut. Das sind fundamental gegensätzliche Prinzipien, die oft nur beim zweiten Hinschauen sichtbar werden. Ich finde immer wieder spannend darüber nachzudenken, wie diese Gesellschaft wäre, wenn das natürliche zyklische Prinzip stattdessen allem zu Grunde liegen würde. Mein Leben ist so viel intensiver und lebendiger geworden, seitdem ich mein zyklisches, weibliches Dasein wertschätze und mein Leben so gut es geht darauf ausrichte.
Was ist deine Lieblingsillustration bzw. -textstelle aus deinem Buch für die erste Periode?
Meine Lieblingsillustration ist der Schwesternkreis unter den Mondzyklen am Sternenhimmel. Das Bild ist sehr besonders für mich und erinnert mich an die unglaubliche Kraft, die wir Menstruierende haben, wenn wir zusammenkommen. Wir können ein unglaublicher Anker füreinander sein, egal in welcher Phase wir uns grade befinden. Am Ende geht es um Gemeinschaft und das Wissen, dass wir nicht allein sind.
Hast du Tipps, wie wir eine positive Beziehung zu unserer Periode/Zyklus aufbauen können?
Ja, darüber schreibe ich auch im Buch. Ich selbst habe ein Ritual für jedes Mal, wenn ich meine Periode bekomme. Ich zünde eine Kerze an und schreibe auf, was im letzten Zyklus alles passiert ist. Was war toll, worauf bin ich stolz, was braucht nicht nochmal passieren und darf mit dem Blut mein System verlassen. Ich empfinde die Periode als ein wahnsinnig intelligentes Phänomen, durch das unser Körper uns alles Mögliche mitteilt. Mittlerweile freue ich mich dadurch auf meine Periode und den inneren Prozess des Loslassens.
In einem zweiten Schritt schreibe ich auch alles auf, was ich mir für den nächsten Zyklus wünsche und kann dann beim nächsten Zyklusritual schauen, was sich materialisiert hat. So hat sich mein Zeitempfinden tatsächlich verändert und ich denke mittlerweile mehr zyklisch als linear.
Hier findest du Antje:
Danke für eure Arbeit und mich dabeizuhaben! Mittlerweile sind das Buch sowie einige Illustrationen aus dem Buch über meine Website www.antjeheymann.com erhältlich. Ich freue mich, wenn ihr vorbeischaut, Feedback zum Buch gebt und mir bei Instagram folgt.