Historisch gesehen wurde die Menstruation als eine biologische Funktion des weiblichen Körpers verstanden, die Frauen betrifft – nur Frauen. In den letzten Jahren, als die Periode mehr und mehr in die öffentliche Diskussion gerückt ist, hat sich dieses Bild jedoch verändert. Zunehmend sprechen Aktivist*innen, Journalist*innen und Marken über die Tatsache, dass nicht nur Frauen menstruieren. Auch transsexuelle, nicht-binäre und geschlechtsuntypische Menschen erleben ihre Periode. Menstruation ist kein rein weibliches Phänomen und schließt auch die Erfahrungen von Menstruation als trans Mann mit ein.
Im Jahr 1990 veröffentliche die feministische Wissenschaftlerin Judith Butler ihr bahnbrechendes Buch ‘Gender Trouble’. Sie stellt hier die Theorie auf, dass Geschlecht ein soziales Konstrukt ist – eine Performance, die unzählige Male wiederholt und auf unterschiedliche Weise neu erfunden wird. Laut Butler hängt die Art und Weise, wie Geschlecht gelebt wird, weitgehend von Diskurs, Kultur, Geschichte, Zeit und Ort ab. Alles, was wir tun, spielt eine Rolle dabei, wie wir unser Geschlecht ausleben. Von der Art, wie wir uns kleiden, wie wir uns bewegen und uns beschreiben, bis hin zu den Produkten, die wir kaufen.
Die Menstruation als trans Mann
Die Einnahme von Testosteron während der Geschlechtsangleichung von weiblich zu männlich stoppt nicht unbedingt den Menstruationszyklus. Wie Cass Bliss, auch bekannt als ‘The Period Prince’ im Seventeen Magazine beschreibt, ist „die Dysphorie real“. Menstruation als trans Mann zu erleben, führt zu Stress und Verwirrung in Bezug auf den Körper und das Geschlecht. Bliss sagt: „Nachdem mir ständig gesagt wurde, dass die Periode etwas mit Weiblichkeit zu tun hat – von Freunden, den Medien und der Werbung – war ich am Boden zerstört, als ich anfing zu bluten. Ich hatte das Gefühl, dass ich keine andere Wahl hatte, als vorzugeben, eine Person zu sein, die ich nicht bin.” Im Interview für “Menstruation Around the World” teilt auch SJ seine Erfahrungen mit der Menstruation als trans Mann.
Die Macht der Sprache
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Menstruation für trans und nicht-binäre Menschen zutiefst negative Gefühle hervorruft. Geschlechtsspezifische Toiletten und die Tatsache, als Menstruierende gesehen zu werden, sind eine Hauptquelle für Stress und Ängste. Das Einkaufen von Menstruationsprodukten mit viel Rosa oder traditionell ‚mädchenhaftem‘ Design, macht die Erfahrungen der Menstruation als trans Mann nur noch schlimmer. Zudem sind diese Produkte in der ‚Damenhygiene-Abteilung‘ für Frauen zu finden.
„Viel zu lange waren die einzigen Bilder von Periodenprodukten, die im Marketing verwendet wurden, rosa und blumig. Sie zeigten junge Mädchen mit strahlenden Augen beim ‚herumtollen‘. Heute spiegeln viele Produkte die Vielfalt der Menschen wider. Selten aber zeigen sie diejenigen, die vielleicht nicht der traditionellen ‚sozialen Norm‘ von ‚weiblich‘ entsprechen“, sagt Cathy Chapman, Präsidentin von Lune North America, über Bustle.
In Jen Bells Beitrag “Talking about periods beyond gender” (Über Menstruation jenseits des Geschlechts sprechen) für die Fruchtbarkeits- und Zyklus-App „Clue“ diskutiert sie die Bedeutung der Worte, die wir verwenden, um die Menstruationserfahrung zu beschreiben. Sprache hat Macht. Wenn wir ‚weibliche Hygieneprodukte‘ mit ‚Menstruationsprodukte‘ und ‚Frauen‘ mit ‚Menstruierende‘ oder ‚Menschen mit Periode‘ austauschen, können wir diejenigen, die sich nicht als weiblich identifizieren, in die Diskussion über die Menstruation einbeziehen.
Erste Versuche die Erfahrungen von Menstruation als trans Mann zu integrieren
Um allen Geschlechtern die menstruieren entgegenzukommen, hat sich die Marke Always im Oktober 2019 dazu entschlossen, das Venus-Symbol von den Verpackungen ihrer Periodenprodukte zu entfernen. Sie reagierten damit auf Tweets wie diesem von der Trans-Aktivistin Melly Bloom: „Könnte mir jemand von Always erklären, warum es zwingend notwendig ist, das weibliche Symbol auf ihren Hygieneprodukten zu haben? Es gibt nicht-binäre- und trans Menschen, die immer noch eure Produkte verwenden müssen!“.
Mehr als 15.500 Menschen haben eine change.org-Petition mit dem Namen #RenameDontShame unterschrieben. Supermärkte in den USA und Großbritannien werden in der Petition aufgefordert, bei der Vermarktung ihrer Periodenprodukte eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden. Die Petition wurde von Natracare ins Leben gerufen und kritisiert die Verwendung des Begriffs ‚Damenhygiene‘. Er manifestiere, dass alle Menschen mit Menstruation Frauen seien und auf der anderen Seite menstruieren müsse, um weiblich zu sein. Dies schließt sowohl nicht-weibliche Menschen, die menstruieren, als auch trans Frauen und Cis-Frauen, die keine Periode haben, aus.
Geschlechtsneutrale Verpackungen für alle Menstruierenden
Meine Masterarbeit habe ich über die sich ändernde Kultur rund um die Menstruation geschrieben. Während meiner Recherche habe ich in Berlin lebende Frauen unterschiedlicher Altersgruppen und kultureller Hintergründe zu ihren Beobachtungen und Wahrnehmungen diesen Wandels befragt. Eine Teilnehmerin ist Mutter eines Transgender-Sohns im Teenageralter. Sie erzählte mir, dass er es hasse, Menstruationsprodukte zu kaufen. Wegen all der ‚mädchenhaften Farben‘ und der ganzen Signale, dass die Produkte nur für Frauen seien. Er hasse es so sehr, dass er sie nicht mehr kaufen möchte.
Aus diesem Grund ist es wichtig, dass es auch Marken und Produkte mit einem geschlechtsneutralen Ansatz bei Branding und Verpackung gibt. Nicht nur für trans Menstruierende, sondern für alle menstruuierende Menschen, die sich nicht mit der Art und Weise identifizieren, wie Weiblichkeit traditionell auf Periodenprodukten dargestellt wird.
In einem Video gestaltet die YouTuberin Kel Lauren eine Playtex Sport-Tampon-Verpackung neu. Sie möchte den allzu femininen Stil, den Menstruationsprodukte in der Regel haben, in Frage stellen. Sie schlägt eine moderne und neutrale Version vor.
Marken für Mentruation als trans Mann
In den letzten Jahren gab es eine regelrechte Welle neuer Perioden-Startups. Sie bieten Menstruationsprodukte in vielfältigen Designs, Farben und Formen an. Für die Vermarktung der Menstruationsprodukte haben einige von ihnen einen geschlechtsspezifischen oder geschlechtsbejahenden Ansatz gewählt. Das Ziel ist es, auch die Erfahrungen der Menstruation als trans Mann einzuschließen. Hier sind ein paar ausgewählte Unternehmen, nach denen ihr Ausschau halten könnt, wenn ihr auf der Suche nach neutraleren Produkten seid.
1. Thinx: Periodenunterwäsche
Ein klassisches Beispiel, das mir in den Sinn kommt, ist Thinx. Thinx war einer der ersten Anbieter auf dem Markt für Menstruationsunterwäsche. Sie waren auch die erste Marke, die 2016 einen trans Mann in einer Werbekampagne für Menstruationsprodukte integriert hat. Auf dem Foto ist das Boyshorts-Design der Periodenunterwäsche zusehen:
Auf der Produktseite der Shorts findet man folgendes Zitat: „Als trans Person ist es so bestärkend zu wissen, dass ich weiterhin einen männlichen Unterwäschestil tragen kann, wenn ich etwas so Schwieriges durchmache.“ Leo aus Newcastle, UK.
Ihr könnt Thinx online kaufen – die Lieferung ist weltweit möglich. Weitere Informationen zur Benutzung findet ihr in unserem Guide für Periodenunterwäsche.
2. Einhorn: Periodenprodukte die Spaß machen
Auch das Berliner Startup Einhorn setzt bei seinen Produkten auf Gender-Inklusion. Mit einer Reihe von witzigen und trendigen Designs auf ihren Tampons, Binden und Menstruationstassen, kann das Einkaufen von Periodenprodukten tatsächlich angenehm werden. Schau dir die Vielfalt der Menstruationsprodukte unten an:
Ihr könnt Einhorn-Produkte auf ihrer Webseite shoppen, sie liefern europaweit. In Deutschland findet ihr die Produkte bei DM.
3. DAME.: Innovation bei Periodenprodukten
DAME. hat den weltweit ersten wiederverwendbaren Tampon-Applikator entwickelt. Das Ziel ist es, „die Periode für alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ins 21. Jahrhundert zu bringen.“ Sie rühmen sich mit einem preisgekrönten, selbstdesinfizierenden Produkt, das den Applikator bei mehrfacher Verwendung sauber hält. Zusätzlich hat er eine glänzende, matte Oberfläche in Waldgrün und bietet maximalen Komfort beim Einführen. DAME. hat ebenfalls Bio-Tampons und wiederverwendbare Binden im Angebot.
4. Aunt Flow: Kostenlose Tampons!
Aunt Flow ist ein Startup aus dem US-Bundesstaat Ohio, das mit Unternehmen und Schulen zusammenarbeitet, um Menstruationsprodukte kostenlos in Toiletten auszulegen. „Toilettenpapier wird kostenlos angeboten, warum nicht auch Tampons?“ In der Marketingsprache richten sie sich an alle „Menschen mit Vaginas“ und „Menstruierende Menschen“, um auch die Erfahrungen von Menstruation als trans Mann einzuschließen.
5. L.: Für deinen natürlichen Zyklus
L. bietet Körperpflegeprodukte aus Bio-Materialien, ohne den Bio-Preis. Ihre Tampons kommen in einem durchsichtigen, runden Behälter mit schwarzer Beschriftung und Naturbildern. Kürzlich haben sie in den sozialen Medien in Kooperation mit dem “Phluid Project” einen Leitfaden für Pronomen in der Menstruationssprache erstellt. Sie sagen: „Wir glauben, dass es wichtig ist, ALLE Menschen zu feiern, die ihre Periode haben. Unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität.“ Sie haben ein solidarisches 1:1-Modell, bei dem für jedes gekaufte L.-Produkt ein weiteres an eine bedürftige Person weitergegeben wird. Außerdem arbeiten sie mit “The Pad Project” zusammen. Das gemeinsame Zielt ist es, den Zugang zu Binden in Entwicklungsländern und in Obdachlosenheimen in den USA zu verbessern.
L. ist aktuell nur in den USA unter anderem bei Target, CVS, Walgreens und Walmart erhältlich.
6. Lunette: Menstruationstassen für alle
Lunette aus Skandinavien ist eine führende Marke auf dem Markt für Menstruationstassen. Sie stellen ihre Tassen aus 100 % medizinischem Silikon her und haben sie in einer Vielzahl von Farben kreiert. Jede Menstruationstasse wird mit einem kleinen Beutel aus recycelten Plastikflaschen geliefert. Lunette verwendet eine inklusive Sprache, um Geschlechterstereotypen aufzubrechen und die Gespräche, die wir über Menstruation führen, zu verändern. Sie haben sich der Nachhaltigkeit, Bildung und Inklusion verschrieben. Zudem bieten sie eine Vielzahl von Quellen, um alle unbeantworteten Fragen über Menstruationstassen zu beantworten.
Ihr könnt Lunette online kaufen. Die Lieferung erfolgt weltweit.
7. Period Aisle: Produkte für jeden Körper
Period Aisle (früher Lunapads) gibt es seit 1999 und sie sind wahre Pioniere in der Welt der natürlichen, umweltfreundlichen Menstruationsprodukte und des gendersensiblen Marketings. Sie verkaufen Menstruationsunterwäsche mit Designs, die von Boxershorts bis zu Tangas reichen, wiederverwendbare Binden, Menstruationstassen und sogar einen Fleckenentferner für die Periode. Auf Instagram gibt es eine Reihe von Beiträgen, die wichtige Begriffe wie „gender affirming“, „cisnormative“, „non-binary“ und mehr definieren. Außerdem zeigen sie häufig trans Menschen aus ihrer Community mit ihren Produkten:
Du kannst Period Aisle auf ihrer Website kaufen, sie versenden weltweit.
Möchtest du noch mehr über Menstruation als trans Mann lernen?
Hast du Lust auf weiten Input und Unterstützung zu diesem Thema? Dann schau dir diese 5 Tipps über Menstruation als trans Mann sowie diesen Leitfaden zur Transmenstruation an. Und haltet nach diesen Produkten und Marken Ausschau, wenn ihr mal wieder Periodenprodukte kauft.