‚Menstruation around the world’ ist eine neue Themenreihe von Vulvani, die versucht die Vielfalt von Menstruationserfahrungen in aller Welt aufzuzeigen. Wir porträtieren Personen aus verschiedenen Ländern mit ihren persönlichen Geschichten. Lasst uns gemeinsam die wunderbare und so vielfältige Welt der Menstruationserfahrungen erkunden. Ich freue mich riesig, die neue Themenreihe mit einem spannenden ersten Interview zu starten.
SJ kommt aus den USA und die Zeiten, in dener er seine Menstruation hat, sind durch die Einnahme von Testosteron endlich vorbei. Er spricht mit uns über seine Periode als Transmann. Vielen, vielen Dank für deine Offenheit und deine Geschichten, lieber SJ!!
Persönliche Eckdaten
Name: SJ
Alter: 33
Geschlecht: männlich / biologisch als Frau geboren
Wohnort: Lafayette, Indiana, USA
Studium: Master in Higher Education
Job: Einwanderungsberater an der Universität
Alter bei der ersten Periode: 11
Lieblings-Menstruationsprodukt: Tampon
Kosten pro Menstruation: ungefähr 5 US-Dollar
Verhütungsmethode: Steril – keine Chance
1. Wie wird Menstruation in deiner Familie, Kultur oder auch Land gesehen?
„In meiner Familie haben wir sehr offen darüber gesprochen. Aber das lag vor allem daran, dass meine Großmutter mütterlicherseits meiner Mutter keine Anweisungen gab, was sie tun sollte oder wie sie es tun sollte. Sie hat also sichergestellt, dass ich aufgeklärt war. Allgemein habe ich aber das Gefühl, dass unser Land so tun möchte, als ob der Menstruationszyklus einer Frau eine sehr persönliche Sache ist. Außerdem sind Männer mit einem Menstruationszyklus in den Augen vieler Menschen automatisch kein Mann.“
2. Wie und von wem wurdest du über Menstruation aufgeklärt?
„Meine Mutter war sehr offen, wenn es darum ging, mir Binden zu kaufen und sprach mit mir viel darüber. Wir haben zwei unterschiedliche Meinungen darüber, wie sie mich über Tampons aufgeklärt hat. Ich habe tatsächlich erst im College damit angefangen, Tampons zu benutzen. Ich wollte eigentlich nie über meinen Menstruationszyklus sprechen, weil ich mich einfach nicht mit meinem Geschlecht, das die Menstruation umgibt, identifiziert habe.“
3. Erzähl ein bisschen von deiner ersten Periode.
„Ich erinnere mich daran, dass ich nicht genau wusste, was mit mir passierte. Und ich fühlte mich plötzlich schwach und sehr beunruhigt. Ich weiß noch, dass ich zur Krankenschwester in der Schule gegangen bin. Sie sagte, ich sehe ‚weiß und geisterhaft’ aus. Sie erlaubte mir, zu Hause anzurufen und zu sagen, dass ich ‚krank’ sei. Mein Vater holte mich ab und ging damit wie ein Held um. Er hielt auf dem Weg an und kaufte mir ein paar Binden. Er sagte mir, ich sollte es mit Wärme versuchen.“
4. Wie stehst du zu deiner eigenen Menstruation?
„Ich habe es wirklich gehasst, meine Periode zu haben und hatte so viel schlechte Laune währenddessen. Die Einnahme von Testosteron hat meine Menstruation gestoppt und ich habe mir meine Gebärmutter vollständig entfernen lassen, so dass ich mir keine Sorgen mehr darum machen muss.“
5. Was machst du am liebsten, wenn du deine Tage hast?
„Ich habe meiner Periode nur selten erlaubt, dass sie mich an etwas hindert. Ich erinnere mich daran, dass ich mich bei starken Blutungen einfach ausgelaugt gefühlt habe und ein paar Advil [Schmerztabletten] genommen und geschlafen habe.“
6. Welche Menstruationsprodukte hast du schon ausprobiert?
„Binden und Tampons. Ich war immer neugierig gegenüber der Menstruationstasse, habe sie aber nie ausprobiert.“
7. Welche Haus- oder Lebensmittel helfen dir bei Menstruationsbeschwerden?
„An wirklich schlechten Tagen habe ich mich mit Ibuprofen eingedeckt, viel Wärme und Schlaf. Schokolade hat mich immer getröstet.“
8. Mit wem sprichst du über Menstruation?
„Lustig, das ist eine der ersten Fragen, die mir gestellt wird, wenn ich darüber spreche, dass ich Trans bin. ‚Also hast du deine Periode nicht mehr? Was ein Glück!’ Aber meine Frau hat noch immer ihren Menstruationszyklus, also sagt sie Bescheid, wenn sie sich schlecht fühlt oder ich sexuell aktiv sein will. Und wenn sie ihre Periode hat, machen wir normalerweise mehr Massagen und haben weniger Geschlechtsverkehr. Außerdem ist meine Tochter in der 5.Klasse, also hatten wir dieses Jahr unser erstes Gespräch darüber, dass ihre Periode bald beginnen könnte.“
9. Hast du eine besonders lustige oder peinliche Menstruationsgeschichte?
„Tatsächlich ja. Ich habe Basketball in der High School im Varsity Team gespielt. Ich war in der 9. Klasse. Es war während eines Basketballturniers. Als Team hatten wir einen geheimen Ausdruck, insbesondere dafür, wenn wir unsere weißen Trikots anhatten. Wir haben ‚Code orange’ gerufen, wenn jemand einen Flecken auf dem Trikot hatte (weil ‚Code rot’ anscheinend zu offensichtlich war, lol). Wir waren also Mitten im Spiel und ich war vor unserer Ersatzbank. Eine meiner Mitspielerinnen rief ‚Houston, Code orange, Code orange!’ Ich habe buchstäblich alles vergessen, was ich tun sollte. Ich bin mit dem Basketball gelaufen und habe einen Ballwechsel verursacht. Da ich ein Freshman war, hat mein Coach mich sofort rausgezogen, um mich anzuschreien. Aber ich bin direkt in die Umkleidekabine gegangen, um meine Hose zu wechseln und eine neue Binde einzulegen. Er war ratlos, wo ich hingegangen bin. Die weibliche Assistenz-Trainerin hat es ihm gesagt und er wendete sich von ihr ab. Springen wir zum nächsten Training, wo wir das Spiel besprochen haben. Dafür haben wir die Videoaufzeichnung vom Spiel geschaut. Unser Trainer überspielte diesen Moment im Film und sagte ‚Oh, hier war der Moment, wo Houston ‚Code orange’ hatte, wir machen einfach weiter’. Alle anderen Mädchen fanden es super, dass unser Trainer überhaupt wusste, was ‚Code orange’ bedeutet, während es mir sehr peinlich war.“
10. Möchtest du noch etwas anderes über Menstruation (oder dich selbst) erzählen?
„Als Transmann denke ich, dass es ein wichtiges Thema ist. Denn nur weil du eine Periode hast, bist du nicht weniger ein Mann. Als Elternteil fühle ich die Scham, die meine Tochter bereits belastet, wenn sie davon spricht möglicherweise ihre Periode zu bekommen und was das bedeutet. Ich versuche, die Geschichten zu verändern. Aber ich wünsche mir auch, dass sich die Gesellschaft als Ganze verändert. Du leistest eine wichtige Arbeit!“
Hast du Lust ein Teil von ‚Menstruation around the world’ zu werden?
Wir hoffen, die Porträts von menstruierenden Menschen so vielfältig und divers wie möglich präsentieren zu können. Und dafür brauchen wir dich – ganz egal, wie du zu deiner eigenen Menstruation stehst oder woher du kommst! Wenn du Lust hast, Teil dieser Serie zu werden und deine persönlichen Erfahrungen sowie Gedanken über Menstruation mit uns zu teilen, dann schreibe uns eine Nachricht oder fülle einfach den Fragenbogen aus (auch anonymisiert möglich). Wir freuen uns schon jetzt, deine Geschichte mit der Vulvani-Community zu teilen!