Social Period e.V. widmet sich der sozialen Herausforderung der Periodenarmut. Der gemeinnützige Verein bietet eine simple, aber effektive Lösung für die Spendenübergabe von Menstruationsprodukten an hilfsbedürftige Menschen. Hierfür werden Spendenboxen gut sichtbar im öffentlichen Raum aufgestellt. Die ersten Boxen stehen bereits in ausgewählten Edeka-Filialen in Berlin. Die Abholung und Verteilung auf die einzelnen Einrichtungen werden von dem Verein organisiert. Hinter Social Period stehen die beiden Freundinnen Undine und Katja, die den Verein 2019 in Berlin gegründet haben.
Ein Gastbeitrag von Undine Mothes und Katja Dill
Ich freue mich sehr, dass Undine und Katja einen Gastbeitrag über die Geschichte des Periods-Shaming und die damit verbundene Periodenarmut und ihren Verein für Vulvani geschrieben haben. Viel Spaß beim Lesen!
Period-Shaming in der Geschichte
Medizin und die damit einhergehende anatomische Entdeckung des Körpers wird seit Jahrhunderten vom male gaze dominiert. Anatomische Zeichnungen, klinische Studien und Arzneimittel wurden und werden von Cis-Männern für Cis-Männer gemacht. Als Folge wird der unverstandene biologische weibliche Körper zum „Anderen“ des standardisierten biologisch männlichen Körpers – begleitet von Stigmatisierung und Verachtung. So ist auch die Vorstellung vom Menstruationsblut als Gift kulturhistorisch tief verankert. Bereits Pilnus der Ältere (23-79 n. Chr.) behauptet:
„Die Frau mit Blutfluss verdirbt die Ernten […], sie verödet die Gärten, richtet die Saaten zugrunde, bringt die Früchte zum Abfallen und töten die Bienen; berührt sie den Wein, wird Essig daraus; die Milch verdirbt und gerinnt.“
Perioden-Diskriminierung: Von früher bis heute
Erst 1872 wird die Eizelle von Karl Ernst von Baer entdeckt und der Weg für ein tieferes Verständnis des Menstruationszyklus geebnet. Ein Ende der Diskriminierung bedeutet dies jedoch nicht. 1920 veröffentlicht der österreichische Mediziner Béla Schick in einer Fachzeitschrift seine Menotoxinhypothese, in denen er Pilnus Gedanken wieder aufgreift – eine Ansicht, die erst 1985 widerlegt wird. 2015 erlangte die Zensurpolitik von Instagram traurige Berühmtheit. Bilder aus Rupi Kaurs Fotoserie ‚Period‘, in der sie sich zusammen mit Menstruationsflecken auf Ihrer Kleidung inszeniert, wurden wiederholt von der Plattform gelöscht.
Hoffnung in Sicht…
Gleichzeitig gibt es Entwicklungen, die Positives hoffen lassen. Hierzu zählt Schottlands Beschluss, Tampons und Binden an öffentlichen Orten wie etwa Gemeindezentren, Jugendclubs oder Apotheken ab 2020 kostenlos zur Verfügung zu stellen. Auch die Abschaffung der sogenannten „Tamponsteuer“ in Deutschland ist ein gutes Signal. Doch nicht alle profitieren von diesen politischen Reformen gleichermaßen. Von den positiven Veränderungen sind nach wie vor bestimmte Personengruppen ausgeschlossen, die genannte Einrichtungen nicht besuchen beziehungsweise wenig von den höchsten minimal gesunkenen Kosten für Menstruationsprodukte haben: Odach- und wohnungslose Menschen.
Periodenarmut in Deutschland
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe gibt an, dass ca. 100.000 Frauen* in Deutschland wohnungslos sind. Tendenz steigend. Nach Schätzungen des Strassenfeger e.V leben momentan allein in Berlin etwa 11.100 Frauen* unter prekären Bedingungen auf der Straße. 70 Prozent von ihnen befinden sich im gebärfähigen Alter (18-40) und haben dementsprechend regelmäßig oder in Abständen ihre Periode. Viele von ihnen haben keinen oder einen nur sehr erschwerten Zugang zu Menstruationsprodukten.
Mit Spendenboxen gegen Periodenarmut
Unserer Privilegien bewusst werdend, haben wir, zwei Freundinnen, die sich gefühlt schon immer kennen und irgendwann zusammen erwachsen geworden sind, 2019 den Verein Social Period e.V. gegründet, der sich für einen gleichberechtigten Zugang zu Menstruationsprodukten einsetzt. Lange Gespräche mit sozialen Einrichtungen in Berlin, die wohnungs- und obdachlosen Menschen unterstützen, haben uns die ganze Bandbreite des Problems vor Augen geführt und wie wenig politisch dafür getan wird. Um das Problem der „period poverty“ anzugehen und der Tabuisierung der Menstruation etwas entgegenzusetzen, kam uns die Idee Spendenboxen für Menstruationsartikel in Berlin aufzustellen und die Spenden dann an soziale Einrichtungen weiterzuleiten.
Bei Herzensprojekten müssen alle anpacken
Obwohl sich die Finanzierung des Projekts schwierig gestaltet sind wir auf einem guten Weg. Unsere ersten Boxen stehen bei Edeka in Berlin und noch mehr werden sind geplant, sobald die Finanzierung für den Bau der Boxen durch unsere Spendenkampagne gesichert ist. Ganz besonders berührt uns dabei die ganze Unterstützung, die wir von Freund*innen und Bekannten auf diesem Weg erfahren, sei es, indem sie uns wichtige Partner*innen vorgestellt, in mühevoller Arbeit unsere Webseite gebastelt, uns bei Aufklärungsveranstaltungen mit dem Strassenfeger e. V. unterstützt oder unsere ersten Boxen gebaut haben. Das beweist uns, dass wir, wenn wir gemeinsam stark sind, alles schaffen können – Wir müssen nur wollen! Schließlich sollte Periodenarmut keine soziale Herausforderung sein, sondern als gesellschaftlicher Auftrag verstanden werden. Wir sind gegen die Tabuisierung der Periode – für Chancengleichheit & Solidarität!
Im Kampf gegen Periodenarmut zählt jede Unterstützung
Social Period hat aktuell eine Spendenaktion auf Startnext eingerichtet, mit der sie den Bau der Spendenboxen finanzieren möchten. Sie freuen sich über jede Spende. Schaut auch gerne auf der Website vorbei oder folgt dem Verein auf Instagram, um immer auf dem Neusten Stand im Kampf gegen Periodenarmut zu sein.