Es ging schon immer darum, Menstruation zu verheimlichen und zu verstecken. Genau deshalb trifft die Kunst mit Menstruationsblut den Nerv der Zeit: Das Unsichtbare sichtbar machen. Das blutige Geheimnis unzähliger menstruierender Menschen auf der ganzen Welt endlich auflösen. Denn eins ist sicher: Es wird immer Blut fließen. Und künstlerisch ein Tabu zu brechen, war schon seit je her eine gute Idee. Warum? Wenn Menstruationsblut zu Kunst wird, wird sich bewusst mit der eigenen Menstruation auseinandergesetzt.
Wie denken wir über unsere eigene Menstruation?Wie denken wir über unsere eigene Menstruation?
Sei es im hygienisch weißen Badezimmer oder bei periodischer Kunst: Wie wir über unsere eigene Menstruation denken, hat direkten Einfluss darauf, wie wir uns fühlen, wenn wir ein Bild von ihr sehen. Im Endeffekt ist Menstruation das Normalste auf der Welt. Durch Menstruationskunst kann die Alltagswirklichkeit vieler Menschen sichtbar gemacht werden – sei es in abstrakter Form oder durch reale Motive. Oft wird das Menstruationsblut selbst als Farbe für die Bilder verwendet. Malen mit Menstruationsblut also, der natürlichsten Farbe dieser Erde. Warum Geld für Materialien ausgeben, wenn der Körper einem kostenlos jeden Monat neue Farbe schenkt? Es wird versucht, aus etwas Schmerzhaften oder Ekligem etwas Schönes und Besonderes zu schaffen. Die Perspektive auf Menstruation zu verändern und so die Bedeutung der Menstruation umzuschreiben – zu verbessern. Den Körper mehr anzunehmen und im Einklang, in Harmonie mit der Menstruation zu leben – denn sie ist ein Geschenk. Ein Geschenk an uns alle, die Menschheit.
Wie entstand die Idee zu ‚Wenn Menstruationsblut zu Kunst wird’?
Seitdem ich frei menstruiere, setze ich mich viel intensiver mit meiner eigenen Periode auseinander. Ich nehme mein Menstruationsblut bewusst wahr. Das abgelassene Blut, inklusive kleiner Klümpchen, zeichnet oft schöne und bewegende Formen im Wasser der Toilettenschale. Auch beim Auskippen der Menstruationstasse verfärbt sich das durchsichtige Wasser in viele Rottöne und zieht ihre Kreise nach sich. Vor allem wenn gespült wird, wirbelt sich das rotgefärbte Wasser auf und erzeugt wunderschöne Strudel. Seitdem ich mein Menstruationsblut so sehe und wahrnehme, habe ich eine ganz neue Wertschätzung gegenüber meiner Periode entwickelt. Hast du dein Menstruationsblut jemals richtig angeschaut? Kleiner Tipp: Das nächste Mal, wenn du deine Tage hast, schau genau hin, bevor und während du die Spülung betätigst. Du wirst dich wundern, wie schön dein Menstruationsblut sein kann!
Der künstlerische Anspruch von Kunst aus Menstruationsblut
Schönheit liegt im Auge des Betrachters (oder eben der Betrachterin) – eine Aussage oder zumindest ein Gefühl so alt wie die Kunst selbst. Hochwertige und anspruchsvoll ästethische Kunst zu kreieren, liegt in der Macht eines jeden Menschen. Es bedarf Übung und ein Gespür für Kunst, welches sich mit der Zeit aufbaut. Dabei ist das Material zweitrangig. Menstruationsblut eignet sich ebenso gut zum Kreieren wie Acrylfarbe oder andere typische Farben. Die Resultate können zweifelsfrei als Kunst angesehen werden. Die Phantasie der Betrachter*innen wird beflügelt. Es enstehen komplexe Formen und Farben, in dem das menschliche Auge und die Vorstellungskraft eines jeden Einzelnen die unglaublichsten Dinge sehen können. Gesichter, Tiere, Landschaften, Unterwasserwelten, Menschen – das alles kann sich in einem Bild, entstanden durch Menstruationsblut, widerspiegeln.
Warum ich Kunst aus Menstruationsblut mache?
Ich möchte der Welt zeigen, dass Menstruationsblut nicht eklig ist. Es ist nichts, was wir verstecken müssen oder wofür wir uns schämen müssen. Es geht auch anders. Und ich möchte Menschen zeigen, dass meine Menstruation ein natürlicher Teil von mir und meinem Zyklus ist. Solange Menstruation noch tabuisiert wird, bleibe ich kreativ. Und ich übernehme gerne die Rolle der ‚provokativen’ Menstruationskünstlerin, die Bilder und Kunstwerke von Menstruationsblut veröffentlicht und Menschen sich beim Anblick fragen: Das ist doch jetzt nicht wirklich echtes Menstruationsblut, oder? Doch das ist es.
Und wie sammelt man das Menstruationsblut?
Ich persönliche fange das Menstruationsblut zum Beispiel mit einer Menstruationstasse direkt in meinem Körper auf. Am liebsten menstruiere ich jedoch frei, wo ich dann eine kleine Tasse mit auf die Toilette nehme und darin das abgestoßene Blut auffange. Hierbei geht natürlich auch schnell mal was daneben und landet direkt in der Toilette. Das ist aber ok.
Was passiert normalerweise mit Menstruationsblut?
Am liebsten wird sich gar nicht wirklich mit dem eigenen Menstruationsblut auseinandergesetzt. Uns wird beigebracht, dass es etwas Ekliges ist, was wir auf jeden Fall verstecken sollten. Oft wird das Menstruationsblut mithilfe eines Tampons direkt im Körper aufgefangen und bei der nächsten Gelegenheit direkt wieder weggeschmissen. Auch Binden landen nach ein paar Stunden sofort im Mülleimer. Am besten hinter verschlossenen Türen. Und es wird mit alle Mühe versucht, die eigene Menstruation zu verbergen. So als ob sie gar nicht existieren würde. Und wenn doch mal was daneben geht und kleine rote Flecken auf der Bettwäsche oder der Unterwäsche gelandet sind, wird es voller Scham verheimlicht.
Riecht das Menstruationsblut nicht?
Verwunderlich war für mich (und Jamin, meinem treuen Fotografen) vor allem, dass das Menstruationsblut – entgegen der verbreiten Annahme – überhaupt nicht riecht. Selbst nach ein paar Tagen nicht! Interessant ist aber, dass je nach Zyklustag das frische Menstruationsblut unterschiedlich Rottöne hat. Teilweise geht es gerade am Anfang und am Ende der Periode auch in Richtung Brauntöne. Wenn einmal mit dem Menstruationsblut gemalt wurde und es auf dem Papier mit der Zeit an der Luft trocknet, ändert sich selbst das kräftigste Rot ins Bräunliche. Nach und nach wird es auch etwas blasser. Sehr interessant, die Veränderungen so sehen zu können.