Laut einer Umfrage der International Women’s Health Coalition und der App Clue gibt es über 5.000 Möglichkeiten zu sagen, dass du deine Periode hast. Die Bandbreite reicht vom englischen „Auntie Flow“ über das französische „die Engländer sind gelandet“ bis hin zum dänischen „die Kommunisten sind in der Klapsmühle“. Diese 5.000 verschiedenen Euphemismen können sich jedoch als nützlich erweisen: Denn die Umfrage ergab auch, dass 78 Prozent der Menstruierenden nur mit Hilfe von Euphemismen über ihre Menstruation sprechen können. Aber wie sprichst du über deine Periode? Und warum genau ist es so peinlich, über seine Periode zu sprechen?
In derselben Umfrage wurde untersucht, wie sich das Stigma von Ort zu Ort unterscheiden kann – und auch davon, mit wem man spricht. 95 Prozent der Algerier:innen fühlen sich wohl, wenn sie mit einem weiblichen Familienmitglied über ihre Periode sprechen. Während 86 Prozent der Russ:innen dies nur ungern mit einem männlichen Klassenkameraden tun. Das sind zwei sehr unterschiedliche Kulturen und Situationen, aber auch beim gleichen Thema sind die Unterschiede auffallend. 93 Prozent der Pakistaner:innen würden nicht mit einem männlichen Familienmitglied darüber sprechen; in Schweden sind es nur 55 Prozent. Die Tabus variieren je nach Kultur und sind noch in vielen Ländern vorhanden. Besonders Indien ist für ein sehr ausgeprägtes Tabu bekannt. Und das kann spürbar schädliche Auswirkungen auf Menstruierende haben; vor allem wenn sie jung sind.
Wie sprichst du über deine Periode – Die Auswirkungen der Stigmatisierung
Es gibt eine Reihe von Gründen, warum das Schweigen über die Menstruation, insbesondere über die Menstruationsgesundheit, schädlich sein kann. Eines von vier Kindern in Großbritannien erfährt erst in der Pubertät von seiner Periode. Die International Women’s Health Coalition berichtet, dass in einigen Entwicklungsländern so selten über die Periode gesprochen wird, dass junge Menschen oft über ihre Menarche überrascht sind. Die Periode kann beängstigend sein, wenn man nichts darüber weiß. Daher ist es wichtig, dass du über deine Periode sprichst! Darüber hinaus kann mangelnde Aufklärung nicht nur zu schlechter Menstruationshygiene und Infektionen führen. Sie kann auch Mythen verstärken, die Menstruierende erniedrigen und beschämen. (Tipp: Wenn du während der Menstruation an einer Pflanze vorbeigehst, wird diese nicht getötet.)
Die Auswirkungen dieser Stigmatisierung und mangelnden Aufmerksamkeit sind gefährlich. Nur 12 Prozent der indischen Mädchen haben Zugang zu Menstruationsprodukten, was sie häufig dazu veranlasst, die Schule abzubrechen. Schüler:innen fallen weltweit alle vier Wochen vier Tage wegen ihrer Menstruation aus, schätzt die Weltbank. Die UNESCO führte mehrere kleine Studien zu diesem Thema durch, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Eine Studie aus dem Jahr 2010 mit 198 Schüler:innen in Nepal ergab, dass sich die Menstruation nur minimal auf die Anwesenheit auswirkt.
Eine andere Studie aus dem Jahr 2012 mit 120 Schüler:innen in Ghana ergab, dass die Bereitstellung von Menstruationsprodukten und Aufklärung die Anwesenheit über fünf Monate hinweg deutlich verbesserte. Insgesamt zeigte sich jedoch, dass menstruierende Schüler:innen aus Angst vor Unfällen weniger bereit waren, sich zu beteiligen, aufzustehen oder an die Tafel zu schreiben. Wenn man nicht über seine Periode sprechen kann, kann das also negative Auswirkungen auf die Gesundheit, das Selbstwertgefühl, die Bildung und die Zukunftsaussichten haben.
Wie kannst du über deine Periode sprechen?
Was können wir ändern? Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, das Gespräch über die Periode im Alltag zu normalisieren. Im Folgenden habe ich einige Tipps aufgelistet, die hilfreich sein können. Sie müssen jedoch nicht für jeden funktionieren.
Sprich mit anderen über die Periode
Es ist vielleicht einfacher, mit anderen Menstruierenden zu sprechen: Sie haben diese Erfahrung bereits gemacht und wissen, was es bedeutet. Aber es ist genauso wichtig, mit nicht-menstruierenden Menschen zu reden. Denn um die Stigmatisierung zu verringern ist die Aufklärung aller Menschen wichtig!
Verwende die richtigen Wörter
Eine korrekte Wortwahl ist wichtig. Euphemismen dienen dazu, das Unbehagen des/r Sprechers:in zu lindern. Dabei halten sie so die Vorstellung aufrecht, die Periode sei schmutzig und man sollte nicht darüber sprechen. Deshalb: Nenne deine Periode beim Wort, ohne Euphemismen. Das bekämpft nicht nur den Eindruck, die Periode müsse versteckt werden, sondern dient auch der Klarheit. Wenn du eine junge Person oder jemanden, der nicht menstruiert, aufklärst, besteht die Gefahr, dass Euphemismen sie verwirren. Sie wissen dann vielleicht gar nicht, dass du über die Periode sprichst.
Bleibe konsequent
Einmal über die Periode zu sprechen und dann nie wieder, vermittelt noch immer die Botschaft, dass man nicht über sie sprechen sollte. Es ist wichtig, sie oft genug anzusprechen, damit sie nicht vermieden und in Gesprächen als etwas völlig Normales behandelt wird. Je öfter sie in Gesprächen als zwangloses Thema verwendet wird, desto mehr wird sie auch als solches angesehen.
Sei inklusiv
Die Periode ist eine biologische Funktion. Das bedeutet, dass keine zwei Menschen sie auf die gleiche Weise erleben! Manchen fällt es sehr schwer, anderen fällt es leichter, und manche menstruieren überhaupt nicht. Nicht alle Menstruierenden sind Frauen, nicht alle Frauen menstruieren, und nicht jede Menstruation ist gleich. Um die Diskussion anzuregen, ist es deshalb wichtig, die Unterschiede zu akzeptieren, anstatt zu versuchen, alle Perioden als eine einzige Erfahrung zu betrachten.
Schäme dich nicht
Das Wichtigste zum Schluss ist vielleicht das Schwierigste: selbstbewusst und ohne Scham zu sein. Je unbeholfener du dich verhältst, wenn du das Thema ansprichst, desto unangenehmer wird es auch sein. Wenn andere Leute jedoch sehen, dass du ohne Scham über deine Periode sprichst, kann das positive Auswirkungen habe. Sie fühlen sie sich vielleicht inspiriert, auch mehr darüber zu reden. Sich für eine grundlegende Körperfunktion zu schämen, nützt nämlich niemandem! Wenn du Vertrauen in dich selbst aufbaust und aufhörst, so zu tun, als sei deine Periode ein Geheimnis, wird alles viel einfacher werden.
Diese Tipps sollen genau das sein: Tipps – nicht mehr und nicht weniger. Je nach der Situation, in der du dich befindest, und je nachdem, wie die Menschen reagieren, sind sie für dich vielleicht nicht geeignet. Der vierte Tipp macht deutlich, dass wir alle unterschiedlichen Erfahrungen gemacht haben und dass es unrealistisch ist, zu erwarten, dass etwas für alle funktioniert.
Sprich über deine Periode und ermutige andere zur Offenheit
In den meisten Ländern ist die Situation noch weit vom Ideal entfernt, aber es gibt viele Bewegungen, die sich für Veränderungen einsetzen. So gibt es jetzt einen internationalen Tag der Menstruationshygiene. Die Offenheit in den Medien ist ebenfalls auf dem Vormarsch, wie der Werbespot von Hello Flo aus dem Jahr 2013 und das Newsround-Special von CBBC aus dem Jahr 2021, zeigen. WaterAid arbeitet mit Gemeinden zusammen, um Gespräche über die Periode zu fördern, Einrichtungen zu verbessern und hat sogar den Kurzfilm „Peaky Bleeders“ gedreht. Auch Periodenkunst wird immer häufiger gezeigt. Und sogar ein Perioden-Emoji 🩸 wurde weltweit in die Tastaturen aufgenommen, um das Sprechen über die Periode zu erleichtern.
Es bleibt nun zu hoffen, dass das Stigma in Zukunft nicht mehr so stark sein wird. Aber in der Zwischenzeit ist es vielleicht möglich, den Umgang mit dem Thema im täglichen Leben durch ein oder zwei einfache Gespräche zu verbessern. Deshalb: Sprich du über deine Periode! Selbst wenn es nur mit jemandem ist, dem du vertraust, wird es einen großen Unterschied machen.
Mit wem sprichst du über deine Periode und mit wem traust du dich nicht darüber zu sprechen? Schreib es uns in die Kommentare!
Welche Periodennamen gibt es?
Ailsa hat von den vielen Periodennamen gesprochen, die es in verschiedenen Ländern gibt. Doch wie sieht es im deutschen Sprachraum aus? Welche Ephemismen für die Periode gibt es?
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